
Jan-Bernd Röllmann (links) als Vize und Oliver Pohland als Präsident bilden die Vereinsspitze. Foto: Marcus Richter
Noch lange nicht zufrieden
In sieben Wochen, am 21. September, beginnt die neue Erstliga-Saison. Was gibt es Neues, wie ist der Vorstand in die Saisonvorbereitung eingebunden, und was sind die Ziele? BC-Präsident Oliver Pohland gibt Antwort.
Sind denn die Planungen für die Bundesliga abgeschlossen?
Präsident: Ja, das Team steht. Jan Röllmann, Björn Backes und Patrick Unger haben sehr frühzeitig und sehr schnell das Personaltableau fertig gehabt. Das war absolut hervorragende und schnelle Arbeit aller Beteiligten. Wir freuen uns auf viele bekannte Gesichter und einige neue, wie Theresa Simon und Candice White. Ich freue mich aber noch mehr, dass in Lisa Bonacker, Luzie Hegele und Lisa Kiefer gleich drei ganz junge Spielerinnen aus unserem originären Nachwuchs den Kader ergänzen.
Suchst Du neue Spielerinnen mit aus?
Präsident: Um Gottes Willen, nein, davon habe ich keine Ahnung. Das macht erst einmal ausschließlich Patrick Unger als Head Coach. Jan Röllmann und Björn Backes schauen dann, dass es mit Gehalt und den Verträgen passt und geben das finale Okay, bevor ich die Verträge unterschreibe. Ab und zu fragen sie mich vorher auch etwas… 😉 Selten, wenn es beispielsweise darum geht, ob eigene junge Spielerinnen eingebunden werden sollen, sage ich auch mal von selbst etwas.
Einsatz wichtiger als die Tabelle
Wie sind Deine Erwartungen für die kommende Bundesligasaison?
Präsident: Ich glaube, wir sollten unsere sportlichen Ziele zu denen der Vorsaison nicht wesentlich neu justieren. Weder nach oben und schon gar nicht nach unten, zumal letzteres auch gar nicht den Ansprüchen von Patrick Unger, Frank Arnold und den Frauen des Bundesligateams entspräche. Ich glaube, wir gehören in der Liga und im Pokal ins obere Drittel, und wenn wir das mal nicht packen, dann weiß ich eines ganz genau: Nämlich, dass es am Fleiß, am Ehrgeiz, an der Einsatzbereitschaft und an der Disziplin dieser Mannschaft jedenfalls nicht lag.
Diese letzten Eigenschaften sind mir persönlich übrigens viel wichtiger als reiner tabellarischer Erfolg. Denn durch diese Eigenschaften entstehen unglaubliche Emotionen innerhalb des Teams und ein Funke, der auf den Verein und die Fans überspringt. Ich kann beispielsweise nicht verstehen, warum manchmal wenige Sekunden vor Ende eines Spiels der Ball nur noch gehalten wird, bis die Spieluhr abläuft, auch wenn ein Angriff noch möglich wäre. Dafür kommt doch keiner in die Halle. Aber wenn du dann wiederum so ein Spiel siehst, wie das letzte Saisonspiel gegen Wasserburg, wie da gearbeitet wurde, wie da gekämpft wurde, wie das Team zurückkam und wie wir alle diesen „Funken“ trotz Niederlage spürten, dann ist das genau nach meinem Geschmack – völlig egal, ob wir am Ende gewinnen oder verlieren. Das sind die Momente, in denen jeder weiß: Hier beim BC bist Du richtig!
Freiwillige Mehrarbeit
Spielt Ihr in der kommenden Saison wieder auf europäischer Ebene in der CEWL?
Präsident: Das ist geplant, und sofern unsere Sponsoren uns erneut unterstützen, werden wir das tun. Seitens der CEWL-Verantwortlichen haben bereits interessante Vereine Interesse angemeldet, so dass ein sinnvoller Spielmodus in zwei Gruppen zustande kommen sollte. Ich finde es super, dass sich unsere Mannschaft bereits das dritte Mal in Folge völlig freiwillig aus Gründen der zusätzlichen internationalen sportlichen Erfahrung diesem Wettbewerb stellt. Das bedeutet ja immer zusätzliche Spiele, zusätzliche Reisen, physische Belastung, Zeiten für Planung, Analyse und Organisation und so weiter. Dafür bekommt niemand auch nur einen Cent mehr gezahlt und das will auch niemand. Ich denke, all das muss man an dieser Stelle auch mal lobend erwähnen und unterstützen. Daher bin ich auch sehr entspannt, wie wir tabellarisch abschneiden. Hier geht es vor allem um eins: zusätzliche Erfahrungen für Trainer und Team. Das ist am Ende auch ein Wert für den BC.
Das klingt nach einem großen Programm…
Präsident: Das ist es auch – und in Teilen sogar vom Team selbst gewählt, das imponiert mir. Ich mache mir manchmal Gedanken, ob wir an dieser Stelle gerade Patrick Unger als Familienvater, Head Coach in drei Wettbewerben und Damen-Bundestrainer nicht zu viel zumuten, zumal er sich noch fakultativ weiterbildet und somit für mich der beste Trainer der Liga ist.
Ist es denn gut für den BC, dass Patrick Unger auch Bundestrainer ist?
Präsident: Das ist sogar sehr gut – für Patrick, für den BC, für den DBB und den Damen-Basketball in Deutschland. Ich glaube, der DBB hatte nicht wirklich viele Alternativen auf seinem Trainerniveau. Aber wenn da jemand ist, der passt und will und ein Verein da ist, der das stützt, dann profitieren alle davon. Dennoch ich sage in dem Zusammenhang auch ganz deutlich und völlig losgelöst von der Personalie des Bundestrainers, dass ich nahezu alles, was der DBB in Sachen Damen-Basketball tut, für völlig unzureichend und visionslos halte. Aber dort herrscht leider völlige Complaisance.
Liga und Vereine müssen an einem Strang ziehen
… weil?
Präsident: Weil Damen-Basketball spürbar einfach niemanden interessiert und man sich selbst nie kritisch hinterfragt. Es gibt keine klare Zuständigkeit im Präsidium, es gibt ja nicht einmal eine Frau in diesem wichtigen Gremium. Es gibt keine klar definierte Zuständigkeit, weder im Präsidium noch in der Geschäftsstelle, keine Zielvereinbarungen, keine gemeinsamen Planungen, keine Gespräche, keine Meetings, keinen steten Austausch in der Frage Damen-Basketball zwischen DBB, DBBL, Landesverbänden und Liga-Vereinen. Keine Zusammenarbeit – nichts! Wir brauchen aber genau das und viel mehr, wenn wir uns nicht nur national sondern auch im internationalen Vergleich weiter entwickeln wollen. Aber wenn der DBB zufrieden ist, dass wir kleinen Nationen wie Belgien auf Dauer hinterherlaufen, dann brauchen wir das alles natürlich nicht. Platz 58 in der Weltrangliste ist doch peinlich und darf für deutsche Leistungssportansprüche nicht genug sein.
Als hessischer Erstligist bin ich aber glücklich, dass wir beim Hessischen Basketball-Verband in Michael Rüspeler als Präsidenten einen Ansprechpartner haben, der oft in unserer Halle ist, der die Liga verfolgt und der immer ansprechbar und auch wirklich interessiert und fachlich versiert ist, auch wenn wir sicher in vielen Punkten nicht immer einer Meinung sind und auch nicht sein müssen.
Umso wichtiger ist es, dass wir in der Liga und in den Liga-Vereinen an einem Strang ziehen und Neues auf den Weg bringen. Wir sollten beispielsweise auch Synergieeffekte zwischen der BBL und DBBL viel besser nutzen und beide Bereiche nicht völlig separieren. Getrennte Ligen ja, aber eine komplett getrennte Verwaltung ist aus meiner Sicht nicht mehr zeitgemäß. Da sind aber nur einige Punkte von vielen, die wir gemeinsam bearbeiten müssen. Im Damen-Volleyball ist ja bereits unglaublich viel erfolgreich passiert. Was können wir von denen lernen? Was machen erfolgreichere Länder anders? Die Ideen vieler engagierter Mitstreiter sind ja auch schon da, aber es geht nur gemeinsam und dazu muss auch der DBB aktiv, offen und gerne auch unbequem mit im Boot sein.
Aber mein Boot ist vorrangig der BC Marburg als Leuchtturm des Spitzensports in Marburg und der Region, und das möchten wir natürlich auf Zukunftskurs halten. Da haben wir alle schon mehr als genug zu tun.
Viele Herausforderungen
Bist Du denn mit der Entwicklung des BC seit Deiner Amtsübernahme zufrieden?
Präsident: Ich mache eine Entwicklung nicht an mir, meinem Amt oder an einer Amtszeit fest und schon gar nicht zu so einem frühen Zeitpunkt. Der BC hat sich seit seiner Gründung 1996 und unter meinem Vorgänger und heutigem Ehrenpräsidenten Jürgen Hertlein und seinem Team auch fortwährend entwickelt. Aber ich sehe immer noch mehr Herausforderungen als Gründe zur Zufriedenheit, gerade wenn man den rein sportlichen Bereich mal verlässt. Ich rede von Planung, Organisation, Durchführung, Controlling im kaufmännischen Bereich, Sponsoring, Marketing, Vertrieb. Hier fehlt uns aber hauptamtliche Kompetenz, denn wir alle im Vorstand sind reine Ehrenamtler, die viel Zeit, Arbeit und eigenes Geld in den BC investieren. Da kann man vieles anstoßen, einiges verbessern und Neues machen, aber es wird nie ein Niveau haben, welches wir mit dem Wort „Zufriedenheit“ umschreiben würden. Wenn andere mit unserer Arbeit zufrieden sind, ist es okay, und ich freue mich immer über positive Reaktionen, ich selbst werde es ganz sicher nie sein.
- Teil 1 des Sommerinterviews mit Oliver Pohland lest ihr hier.
(von Marcus Richter)